Auslauf- oder Zukunftsmodell – Dorfläden in schwerem Fahrwasser, ein Bericht von der 13. Mitgliederversammlung.

Am vergangenen Freitag fand im vollbesetzten Sportheim des SV Gailenkirchen die 13. ordentliche Mitgliederversammlung der Genossenschaft Unser Dorfladen Gottwollshausen-Gailenkirchen e.G. statt. Zum musikalischen Auftakt der Versammlung bot traditionsgemäß der örtliche Posaunenchor unter Leitung von Thomas Braun zwei Musikstücken dar. Nach Begrüßung der Anwesenden durch den Aufsichtsratsvorsitzenden Martin Gsell und einem kurzen Gedenken der 2017 verstorbenen Mitglieder, legte Ortsvorsteher Hartmut Pawlitzki in seinem Grußwort dar, wie wichtig die Dorfläden für die Infrastruktur und Entwicklung beider Dörfer sind und zeigte sich mit den Worten „gemeinsam packen wir es“ zuversichtlich, das Fortbestehen beider Dorfläden zu sichern. Im spontanen Entschluss, die Dorfläden zu unterstützen, ist auch Bürgermeister Peter Klink nach Gailenkirchen gekommen und drückte in seinem Grußwort seine Hoffnung aus, dass es gelingen möge, die Dorfläden am Leben zu halten. „Die Dorfläden sind mir eine Herzensangelegenheit: Halten Sie durch. Viele wissen gar nicht, was für eine Perle sie hier im Dorf haben.“ Beide Grußworte wurden mit lang anhaltendem Applaus bedacht. Dass die Situation beider Dorfläden durchaus kritisch ist, zeigte sich im Bericht zur Geschäftsentwicklung, den der Vorstandsvorsitzende Stefan Werner vortrug. Wie bereits Herr Gsell bedankte sich auch Herr Werner bei den vielen Ehrenamtlichen, die sich im Dorfladen stark engagieren und ohne deren Mithilfe die Führung der Läden nicht möglich wäre, ebenso auch bei Angestellten für die erbrachte gute Leistung.

2017 war das erwartet schwere Jahr mit vielen Umbrüchen im geschäftlichen und personellen Bereich. Hier nannte Herr Werner beispielhaft den durch Ausfall notwendig gewordenen Wechsel bei Biobackwaren, der im ersten Halbjahr allein einen Verlust von 6.000 € verursachte. Glücklicherweise fand man mit der Bäckerei Krimmer, die die Dorfläden seit September 2017 beliefert, mehr als adäquaten Ersatz. Auch reduzierte sich die Zahl der Vorstandsmitglieder auf derzeit 4. Der Jahresabschluss weist 2017 inklusive eines Verlustvortrags aus dem Jahr 2016 einen deutlichen Verlust von über 19.000 € aus, der durch Rücklagen abgedeckt werden kann. Beides wurde von der Versammlung mit großer Mehrheit als Beschluss angenommen, ebenso wie die von Herrn Pawlitzki durchgeführte Abstimmung zur Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat. Als positives, optimistisch stimmendes Zeichen wertete Herr Werner, auch als Reaktion auf den vor einigen Wochen versandten Rundbrief des Vorstands, der über die kritische Situation der Dorfläden informierte, dass sich spontan 4 Personen für die Wahl in den Vorstand zur Verfügung gestellt haben. Auch weitere Personen haben ihre tatkräftige ehrenamtliche Unterstützung in Aussicht gestellt. Vor allem die Entwicklung der Geschäftszahlen im ersten Quartal 2018 in Gottwollshausen weist eine positive Tendenz auf, in Gailenkirchen weckt bislang nur der Märzumsatz Hoffnung auf Besserung. In der anschließenden Diskussion macht der ehemalige Aufsichtsratsvorsitzende Walter Preisinger deutlich, dass eine konsequente Analyse der Ursachen der Umsatzrückgänge von entscheidender Bedeutung ist.

Im Anschluss konnten folgende Personen einstimmig in den Vorstand gewählt werden: Frau Dagmar Esser und Herr Matthias Schneider (Gailenkirchen), Herr Rene Degen und Herr Ralf Pante (Gottwollshausen). Für den Aufsichtsrat wurde Gabriele Stohlmann einstimmig neu gewählt und für eine weitere Amtsperiode Robert Gunderlach und Christian Kochendörfer einstimmig in ihren Ämtern bestätigt. Aus dem Vorstand scheiden neben Ruth Fleischhaker auch Stefan Werner auf eigenen Wunsch aus, ebenso die seit 2007 im Aufsichtsrat tätige Heide Zeyher. Martin Gsell bedankt sich bei allen dreien im Namen des Aufsichtsrates für die geleistete gute Arbeit und für das große Engagement und übereicht als Zeichen der Wertschätzung Blumensträuße.

In den Äußerungen vieler der über 70 Anwesenden kommt zum Ausdruck, dass die Dorfläden eine immens wichtige Rolle im dörflichen Leben spielen, für Lebensqualität sorgen und für das soziale Miteinander enorm wichtig sind. Für ältere Menschen gerade oft die einzigen Kommunikationsorte, die noch zu Fuß erreichbar sind. Für Kinder der Ort, wo der Umgang mit Geld gelernt wird, wo die ersten Einkäufe stolz nach Hause getragen werden. Desweiteren bieten die Dorfläden Arbeitsplätze an, die es sonst im Ort nicht gäbe. Man kann somit mit Fug und Recht auch vom Herz des Dorfes sprechen.

Da seit einiger Zeit schlichtweg von zu wenigen zu selten eingekauft wird, müssen die seit 2005 bzw. 2007 bestehenden Dorfläden geschlossen werden, sollte es nicht gelingen, die Umsätze deutlich zu steigern. Leider lernt man Dinge oft erst schätzen, wenn sie unrettbar verloren sind. Die Bevölkerung hat es nun in der Hand: Helfen Sie mit, die Dorfläden zu retten. Tun sie etwas für die Umwelt, für die Gemeinschaft, für das Dorf, setzen Sie ein Zeichen gegen den Trend, getreu dem Motto: wer weiter denkt, kauft näher ein!

Martin Scheerer